Meine Windhunde ... und ich

Warum ein Windhund?

Allgemeines über Windhunde und Besonderes zur Haltung und Zucht

Inhalt

Einleitung

Windhunde werden allgemein in europäische und orientalische Rassen eingeteilt, wobei einige ihrer Rassebezeichnungen schon einen Hinweis auf ihre Herkunft geben. Alle Windhunde vermitteln den Eindruck des Besonderen; denn man sieht sie nicht so oft wie andere Hunderassen. Und tatsächlich bis zum 19. Jahrhundert waren es die Hunde der adligen Herrschaften und fanden bei der Jagd ihre Aufgabe.

Windhunde oder auch Hetzhunde, wie sie nach der Art des Jagens genannt werden, erhielten erst die Aufmerksamkeit des Bürgertums im Zeitalter der Industrialisierung. Dieses dokumentierte mit diesen Hunden, dass es sich nun auch erlauben konnte, eine solche Rasse zu halten. Ein Windhund verlangt von seinem Besitzer täglich viel Auslauf, damit seine Kondition trainiert und sein Aussehen Art typisch bleibt. Windhunde stellen, wie jedes andere Haustier auch, besondere Ansprüche an den Menschen. Ihre eigentliche Funktion, für die sie gezüchtet wurden, ist die Jagd. Da diese aber ausschließlich den Jägern heute vorbehalten ist und viele Wildtiere unter Naturschutz stehen, haben sich Windhundbesitzer einen sinnvollen Ersatz einfallen lassen: Bahn- und Querfeldeinrennen (Coursing) im eingezäunten Gelände. Der Hund läuft instinktiv einem davon flitzenden Plastikfetzen hinterher. Hier handelt es sich um sportliche Wettbewerbe, die Hund und Mensch Spaß bereiten, weil es lediglich um Titel und Pokale geht. Dabei kann der Windhund nach Herzenslust laufen, wofür er gezüchtet wurde und was seine Anatomie zeigt – lange Beine, tiefer Brustkorb, bewegliche Wirbelsäule sowie voluminöses Herz und Lunge. Der Satz stimmt: „Die Seele eines Windhundes will laufen“.

Windhunde – etwas Besonderes

Da lacht einem das Herz - ein frei laufender Saluki

Wie kam ich also zu einem Windhund? Schon als Kind sollte es immer etwas Besonderes sein. Eines Tages sah ich einen russischen Windhund (Barsoi) in der Nachbarschaft meiner Großmutter, der für mich die Vornehmheit in Vollendung darstellte und durch Eleganz und Grazie in seinen Bewegungen einen immerwährenden Eindruck hinterließ. Damals war ich schon als Kind von einem Windhund und seiner Schönheit so angetan, dass ich mir mit sechs Jahren schwor, solch ein Hund sollte es mal irgendwann sein. Ich beobachtete genau, wie sich dieser Hund bewegte. Er trabte nicht, nein - er schwebte. Er schnappte nicht nach meiner Hand als ich ihm ein Stückchen meines Butterbrotes hinhielt, sondern nahm es mir vorsichtig aus den Fingern. Auch ließ er sich geduldig liebkosen, obwohl er nicht viel größer war als ich. Ein Windhund ist eben durch und durch Aristokrat in seinem Verhalten.

Grazie und �sthetik in Vollendung (Saluki)

Es vergingen viele Jahre. Als Spätachtundsechzigerin, die gerade ihr Lehrerexamen bestanden hatte, sollte es nicht nur ein Hund sein, der elegant und grazil ist, sondern auch irgendwie extravagant und individualistisch zugleich; denn es war die Zeit der Hippies und von der „Flower-Power-Bewegung“. Mein Hund sollte Charakter haben und auch einen eigenen Willen wollte ich ihm selbstverständlich gerne zugestehen. So kam ich mit 25 Jahren zu meinem ersten Windhund, ein völlig pflegeleichter Hund der Rasse Whippet. Diese kleine Windhundrasse zeichnet sich bei einem äußerst liebenswürdigen Charakter durch etwas einfachere Haltungsanforderungen aus. Überall, wo man mit einem solchen, für manchen Geschmack, zu dürren und außergewöhnlichen Hund auftauchte, hatte man erst einmal die Aufmerksamkeit auf seiner Seite. Manchmal waren aber auch Fragen zu beantworten, warum der Hund so dünn sei, ob er vielleicht doch nicht satt zu essen bekäme. Nein, dieser Hund war von Natur aus so schlank und blieb es auch, wenn er ausreichend Bewegung fand. Ich konnte mit den Fragen gut umgehen und hatte keine Mühe sie passend zu beantworten.

Ich wollte einen Hund, dem kein hündischer Gehorsam zu eigen war, mit dem ich nur im Kommandoton sprechen sollte. Ich wollte einen Hund, der zu mir passte, der als Familienmitglied mit mir in meiner Wohnung lebte, der auch Ansprüche und Vorlieben entwickeln durfte. Dieser Hund war für mich damals Partner zugleich. Was das partnerschaftliche Verhältnis anging, da hatte ich die Rasse Windhund aber tüchtig unterschätzt; denn ich lernte die Orientalen unter den Windhunden kennen.

Eigenarten von Windhunden

Die Ohren des Saluki sind auf Durchzug gestellt

Schon mein erster Windhund, ein Vertreter der europäischen Windhundrassen, bereitete mich auf meine spätere Erfahrungswelt mit orientalischen Windhunden vor. Diese sollten mich dann vollends in Beschlag nehmen, weil sie es ausnahmslos gut verstehen, genau dosiert „ihre“ Menschen auf ihren „Dienst“ vorzubereiten.

Mein zweiter Hund war ein arabischer Windhund (Sloughi), worauf ein persischer (Saluki) folgte. Diese Hunde erwiesen sich als wahre Seelenräuber, weil sie nämlich dazu imstande sind, langsam und wohldosiert dem Menschen in aller Liebenswürdigkeit beizubringen, dass sie dieses oder jenes nicht fressen oder nicht tun möchten. Irgendwann haben sie es dann doch geschafft, dass man dem Hunde zuliebe den Weg geht, den sie wollen oder das man das in den Futternapf gibt, was sie gerne mögen. Wenn der Mensch nicht höllisch aufpasst, ist ein Windhund schnell verwöhnt. Dann gibt es noch andere Rassen unter den orientalischen Windhunden, nämlich Azawakh und Afghane. Auch sie sind in der Lage, Menschen zu ihrem Dienstpersonal umzufunktionieren, ohne dass sie es bemerken. Und was das Eigenartige ist, dass Windhund-Menschen es sich für ihre Lieblinge gerne gefallen lassen! Wie schaffen es diese „besonderen“ Wesen, dass sich „die Krone der Schöpfung“ gerne in den Frondienste dieser Seelenfänger stellt? Ganz einfach, indem sie sich dazu herablässt, auf ihre Ansprüche auch nur einmal einzugehen.

Laufen – ein unbedingtes Bedürfnis

Salukis in der Wüste von Dubai

Coursings und Bahnrennen sind für einen Windhund eine wunderschöne Beschäftigung. Es gibt nämlich nichts Schöneres, als dass diese Hunderasse nach Herzenslust laufen darf. Dafür reicht auch schon eine große, eingezäunte Wiese. Das ist sein Anspruch, den er jeden Tag einfordert. Wenn ich meinem Saluki dieses Vergnügen gönnet, schaue ich in zwei glückliche Hundeaugen und in ein lachendes Windhundgesicht.

Sein schönstes Metier – das Laufen

Dieser Ausdruck in den Augen eines laufenden Saluki verrät eine Leidenschaft, die nicht unterschätzt werden darf. Ein Windhund ist zum Laufen geboren! Wenn ich als Mensch jedoch diese Liebe mit meinem Hund teile, dann kommt es zu einer Einheit, die auf beiden Seiten zu einem glücklichen Miteinander führt und zu einer langen Freundschaft zwischen Hund und Mensch andauert. Und so kommt es, dass dieser Mensch in den Diensten eines am Laufen Besessenen steht und daraus entwickelt sich zugleich eine Passion. Das ist in dem Fall aber nicht mehr der flüchtende Hase, sondern eher des davon sausenden Plastikteils auf der Rennbahn. Es ist vielleicht auch einfach nur der Spaß an der Bewegung. Wer nun meint, gerade diese Hunderasse sei ein Spiegelbild des Menschen, der diesen Hund hält, der liegt mit dieser Annahme nicht falsch. Windhunde und ihre Menschen stellen nämlich eine besondere Spezies unter den Hundehaltern dar.

Sonderspezies – Windhundmenschen

Enge Freundschaft zwischen Frau und (Wind)Hund

Menschen, die Windhunde halten, sind äußerst liebenswert, eigensinnig doch auch freiheitsliebend zugleich. Sie lassen sich von nichts und niemandem beirren. Sie sind wie ihre Hunde: Jedes Eingeständnis wird aus reiner Liebe oder Zuneigung gemacht und niemals aus irgendeinem Zwang heraus. Diese Wesen sind sensibel und empfänglich für jedes liebe, ehrliche Wort. Sie besitzen geradezu einen siebten Sinn für Wahrheit und Aufrichtigkeit. So entsteht Schritt für Schritt eine Symbiose zwischen Mensch und Hund, die einmalig auf dieser Welt ist und irgendwann rückt sie immer mehr in den Mittelpunkt aller Dinge und wird zur absoluten Zufriedenheit. Und deshalb sind die meisten Menschen mit Windhunden wirklich glückliche Menschen. Die es nicht sind, haben sich leider die falsche Hunderasse ausgesucht; denn es ist kein Hund zum Renommieren und schon gar nicht zum Flanieren.

Seit meiner Kindheit bin ich Liebhaberin von Windhunden und nun seit 38 Jahren Besitzerin dieser Rasse. Ich kann mir nicht vorstellen, jemals eine andere Rasse besitzen zu wollen, obwohl mir alle Hunde lieb und wert sind. Warum? Der Windhund ist ein Zeitgenosse, den es noch selten gibt. Er hat Charakter. Ein Windhund ist niemals hündisch gehorsam. Wer aber versucht, einem solchen Hund seinen Willen mit Gewalt aufzuzwingen, wird entweder Schiffbruch erleiden oder aber die Eigenart dieses Hundes wird zerstört und übrig bleibt ein bedauernswertes Geschöpf, weil der einstmals frei lebende Windhund in der Wüste den Menschen ernähren konnte. Deshalb können orientalische Windhunde mit den Bedingungen leben, die ihnen geboten werden. Sie arrangieren sich mit Menschen und ihren Lebensbedingungen, weil sie sich angepasst benehmen und ruhig in der Wohnung sind. Wenn ihnen genügend Auslauf geboten wird, sind sie auch genügsam in ihren Ansprüchen. Ich gehe mit meinem Saluki täglich lange spazieren, deshalb ist er auch mein bester Trainingspartner.

Trainingspartner – Windhund

Trainingspartner Saluki

Morgens wird der Hund in den Garten gelassen. Doch dort wird es für ihn schnell langweilig, weil er alle Duftspuren kennt. Deshalb freut mein Saluki sich den ganzen Tag über auf den täglichen Rundgang durch die Umgebung unseres Wohnortes am Nachmittag. Wir sind zwischen einer Stunde und manchmal auch zwei Stunden unterwegs. Bei uns im Sauerland gibt es zum Glück ein ehemaliges Truppenübungsgebiet, auf dem sich viele Menschen mit ihren verschiedenen Hunderassen treffen und miteinander spazieren gehen. Dort finden nicht nur Hunde, sondern ebenso Menschen viel Kurzweil. Und wenn man gar nicht miteinander plauscht und über Hunde fachsimpelt, dann werden auf diesen Hundespaziergängen gleichzeitig Pilze gesammelt und Beeren gepflückt. Jeder auf der Hundewiese nimmt am Schicksal des anderen teil. Schon junge Hunde lernen den Umgang miteinander und werden auf diese Weise sozialisiert. Mein Windhund ist in der Nachbarschaft und in diesem Gelände so bekannt wie ein „bunter Hund“. Deshalb kennt man oft den Menschen nicht bei seinem Namen, dafür aber den Namen seines Hundes. Niemand wundert sich also noch, dass ich meinen Windhund genau so oft von der Leine lassen kann, wie die anderen unterschiedlicher Rassen. Alle Hunde wollen im Grunde eins: Dem Menschen gefallen und mit „ihrem“ Menschen hautnah leben. Dabei spielen gemeinsame Unternehmungen, Aufmerksamkeit und Zuwendung, die der Hund vom Menschen erfährt, eine bedeutende Rolle in der Tier-Mensch-Beziehung. Mein Windhund durfte in diesem Gebiet, in dem ich mich gut auskenne, von klein auf von der Leine. Das ist für einen Windhund immer etwas Besonderes! Denn die Schnelligkeit eines solchen Hundes darf nämlich nie unterschätzt werden und jedes Ableinen eines solchen Rassevertreters sollte vorher immer gut überlegt werden. Dort, wo Wild steht, gehört ein solcher Hund an die Leine, um Wildtiere, den Hund selbst und auch Autofahrer zu schützen. Wer allerdings – wie ich - in der Nähe eines großen Auslaufgebietes wohnt oder vielleicht sogar selbst eine große eingezäunte Wiese besitzt, der wird beim Anblick eines frei laufenden Windhundes für all seine Mühe und Geduld, die er vorher bei der Erziehung eines solchen Freundes benötigt, reichlich entlohnt .

Ein Windhund ist ein Geschenk an uns Menschen

... und wir haben die Pflicht, dieses verantwortungsvoll und respektvoll zu behandeln. Dass dieses Geschenk aber auch gesund und vital bleibt, dafür müssen wir Windhundliebhaber gemeinschaftlich sorgen. Dabei übernehmen nicht allein Halter Pflichten, um für den notwendigen Auslauf zu sorgen, sondern ebenso die Züchter. Nachfolgend spreche ich ein paar Wünsche aus, die sich auf eine Qualitätsverbesserung bei der Zucht dieser schönen Hunde beziehen. Mir ist klar, dass sich diese Vorstellungen nicht alle von heute auf morgen realisieren lassen, deshalb sind einige davon Visionen, die Gedanken in Bewegung bringen sollen:

Junger Saluki am Strand

Verpaarungen müssen sorgsam geplant werden. Die Zuchttiere dürfen nicht zu jung sein und Rüden wären nur mit einer bestimmten Anzahl von Würfen zur Zucht zugelassen. Der Einsatz von sogenannten „Superrüden“ ist auf jeden Fall zu vermeiden, weil durch solche Maßnahmen der Genpool in einer Population verarmt. Es ist unbedingt auf den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der genetischen Vielfalt im Hundegenom zu achten, das auf Heterozygotie basiert. Diese kann durch Outcross-Verpaarungen bewahrt werden. Aus diesem Grunde ist es geradezu eine Notwendigkeit geworden, dass Züchter zusammenarbeiten, um sich vor Diffamierungen nicht fürchten zu müssen, wenn Krankheiten in einer Linie auftauchen. In diesem speziellen Fall besteht die Möglichkeit, sich Rat und Tat bei Wissenschaftlern zu holen, um neue Forschungsmethoden anzuwenden (bspw. DNA-Tests). Da Krankheiten - wie der Tod auch - zum Leben dazu gehören, können diese nie vollkommen eliminiert werden, jedoch geben sie Anlass, nach gemeinsamen Wegen zu suchen, um eine sinnvolle Prophylaxe zu betreiben. Diese muss im Rahmen einer Gesundheitsfürsorge mit Zuhilfenahme von Wissenschaft und Forschung betrieben werden.

Anschließend müssten Recherchen in Ahnentafeln erfolgen, um Erbgänge von Defektgenen aufzuspüren, zu lokalisieren und um Marker für Krankheiten zu entwickeln. Dadurch werden dem Hundezüchter nach einem erfolgten Gentest neue Möglichkeiten eröffnet, gezielter zu verpaaren. Das bedeutet, eventuell auch Träger eines Defektgens unter bestimmten Voraussetzungen in der Zucht zu belassen, was gerade kleinen Populationen zugute kommt. Nur so kann es gelingen, Krankheiten, wie bspw. Epilepsie, DCM, AIHA, PRA, in bestimmten Linien auf die Spur zu kommen.

Um dieses zu leisten, müssen zuerst Zuchtprogramme erstellt werden, die auf eine Erhebung, Auswertung und Evaluation von wirksamen Interventionen abzielen. Bei einigen Windhundrassen, wie bspw. bei Irish Wolfhounds, Whippets, Greyhounds, Sloughis und Salukis, wurden erste Schritte in diese Richtung auf Rasse-Meetings und beim DWZRV eingeleitet. Jedoch ist noch viel zu tun; denn die Dunkelziffer der Erkrankungenwird mit Sicherheit hoch sein. Kaum ein Halter wird darüber sprechen, wenn sein Windhund zu früh das Zeitliche segnet, auch um den jeweiligen Züchter nicht zu diskreditieren. Kaum ein Züchter wird preisgeben, wie viele Hunde ihm tatsächlich zu früh an einer bestimmten Krankheit gestorben sind, zumal es andere Züchter auch nicht tun. Zuchthygiene und Gesundheitsfürsorge bei Windhunden ist aber eine Notwendigkeit zum Wohle der Hunde, für die der Züchter eine Fürsorgepflicht übernommen hat. Wahrscheinlich ist eine andere Einstellung zu Krankheit und Forschung notwendig, um etwas grundlegend zu ändern. Es kann heute keine Frage mehr sein, ob Windhunde überhaupt Forschung benötigen, oder ob Forschung national oder international betrieben werden soll?

Jeder, der selbst schon mal ernsthaft krank war, dem ist klar, dass Forschungsergebnisse, die zur Ermittlung von Krankheitsursachen führen, internationale Beachtung finden müssen!

Ein laufender und „lachender“ Saluki

Züchter, die in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts in Zuchtbüchern Artikel verfassten, warnen bereits eindringlich vor Inzucht und ihren Konsequenzen (heute bekannt als „Inzucht-Depression“). Das waren die praktischen Erfahrungen, die sie mit dieser Zuchtmethode machten. Heute bestätigen Genetiker diese, weil Inzucht auf die Vitalität derHunde einen nachteiligen Einfluss hat. Ungeachtet dessen wird diese Zuchtmethode auch heute noch im 21. Jahrhundert sehr häufig anwendet, um erwünschte Merkmale zu erhalten und erfolgreiche Hunde zu züchten. Es sind aber meistens die Züchter, die Champion-Titel zählen. Sie schwören auf diese Zuchtmethode, weil sie sich von ihr versprechen, weitere Champions hervor zu bringen (Champion- oder Elitezucht). Dabei wird verschwiegen, dass einige mit ihren Hunden Dauerpatient in Tierkliniken sind. Auch wenn es um die gemäßigtere Form der Linienzucht geht, so schadet sie auf lange Zeit gesehen dem Erbgut der Hunde. Diese Schäden werden durch eine relativ lange Generationsfolge bei Hunden erst spät sichtbar. Prof. Hannes Lohi von der Universität Helsinki warnt auf dem Seminar während des Saluki World Congress, der 2008 in Finnland stattfand, eindringlich vor Inzucht bei Rassehunden. Sie homogenisiert weitere Gene, was im Major Histokompabilitätskomplex (MHC) des Hundegenom dramatische Folgen aufweist, gerade im Hinblick auf die Abwehr von Krankheiten. Dieser Genbereich ist nämlich für das Immunsystem von Lebewesen verantwortlich. Es rühmen sich einige Züchter auch heute noch damit, seit vielen Jahren eine „konsequente Linienzucht“ zu betreiben, um einen bestimmten Zwingertyp zu erhalten. Dieses Vorhaben lässt sich aber nicht durch die „Einbahnstraße“ einer Verwandtschaftszucht realisieren, sondern eher durch das überlegte Intervall mäßige Verpaaren der Zuchthündinnen mit Fremdrüden, die dem erwünschten Typ entsprechen. Bei einigen Windhundrassen sieht es mittlerweile so aus, dass Hunde aus erfolgreichen Linien oder die selbst besonders viele Championtitel im Ausstellungs- oder Sportwesen errungen haben, in beinahe allen Ahnentafeln vorkommen; es somit kaum noch Hunde gibt, die nicht miteinander verwandt sind. Das fällt besonders auf, wenn man selbst wieder einen Welpen sucht. Sehr erfolgreiche Hunde in Schau und im Sport werden mit eben solchen verpaart (Elitezucht). Der Genpool wird durch solche Maßnahmen in einer Population kleiner. Hinzu kommt noch, dass bei manchen Windhundrassen ein Trend zur Aufteilung in Schau- und Leistungshunde zu erkennen ist. So etwas darf auf keinen Fall sein, weil Form und Funktion gerade bei einem Windhund eine Einheit bilden! Diese Hunderasse wurde einstmals für die Jagd gezüchtet. Eine schwerpunktmäßige Ausrichtung auf ein Betätigungsfeld, wie bspw. auf das Ausstellungswesen, kann einen solchen Hund anatomisch und verhaltensmäßig so verändern, dass er diese ursprüngliche Funktion nur schwer oder gar nicht mehr ausüben kann. Übertriebene Rassemerkmale, wie bspw. Schwanenhals, abfallende Rückenlinie, zu stark gewinkelte Hinterhand, atypisches Gangwerk, können die eigentliche Funktion des Windhundes beeinträchtigen oder verhindern. Auf diese falsch verstandene Auslegung eines Standards sollten Richter zugunsten der Gesundheit von Windhunden vermehrt achten. Jede züchterische Einschränkung, wie bspw. auf Farben oder Muster (hier ist die Diskussion um Weißanteile beim Azawakh oder um die Stromung beim Saluki zu nennen), geht auf Kosten einer Vielfalt der Gene und führt weiterhin zu einer Verarmung notwendiger Gene im Hundegenom.

Born for the Wind - Laufstudie eines Saluki

Als Biologin, die sich seit vierzig Jahren schwerpunktmäßig mit Genetik beschäftigt, aber ebenso praktische Zuchterfahrungen mit Wirbeltieren unterschiedlicher Art besitzt, wird man gerade von den Züchtern belächelt, die „praktische Hundezucht“ als etwas ganz anderes ansehen, die nämlich ihre „eigenen“ genetischen Gesetze haben soll!

Es wird einem vorgeworfen, dass man als „Theoretikerin“ nicht mitreden kann und Kritik sei deshalb fehl am Platze. Diese Mutmaßungen werden wiederum von den Leuten geäußert, die sich seit vielen Jahren züchterisch „im Kreise drehen“. Somit ist es eine sehr simple Art, unbequeme Leute zum Schweigen zu bringen, um sein eigenes Tun zu rechtfertigen. Jedoch - Unkenntnis schützt vor Torheit nicht!

Aus meinen experimentellen Zuchterfahrungen wahrend meiner Biologie-Studien, besonders an Fischen und Kleinsäugern, bleibe ich auch heute noch bei meiner propagierten Forderung: „Möglichst KEINE Inzucht“ und appelliere dafür, dass Halter und Züchter mit Wissenschaftlern zusammen arbeiten und ihnen DNA-Analysen ihrer Hunde zur Verfügung stellen, um gerade bei Zuchthunden die Beschaffenheit ihrer Gene zu ermitteln, um mit dem Ziel verpaaren zu können, eine größere Vielfalt durch langjährige Züchtungen homogen gewordener Gene wieder zu erreichen. Auch so ist es möglich, das körpereigene Abwehrsystem gegen Krankheiten zu stabilisieren. Deshalb reicht es nicht aus, einmal einen Outcross vorzunehmen, auch nicht mit einem Direktimport aus den Heimatländern. Durch eine Studie an der Universität Helsinki konnte bewiesen werden, dass diese Hunde einen höheren Anteil an heterozygoten Genen besitzen als Hunde aus westlichen Linien (s. Seminar SWC; Studie Prof. Hannes Lohi, Universität Helsinki). Deshalb sind stark einschränkende Maßnahmen von Zuchtmöglichkeiten abzulehnen (bspw. keine Imp.0 x Imp.0 Verpaarungen), weil Importhunde aus den Heimatländern als bedeutendes genetisches Potenzial für „Blutauffrischungen“ anzusehen sind .

Rowdy im Tierheim von Dubai

Windhunde sollen etwas Besonderes bleiben. Das geht aber nur, wenn sie gesund sind! Es ist ein unbeschreiblich schöner Anblick, sie in vollem Galopp und in weiten Sprüngen über die Ebene dahin fliegen zu sehen. Ich finde es sehr traurig, wenn einige von ihnen in jungen Jahren aus Gründen von Zuchtfehlern uns verlassen. Genau so gut sollte es jeden Einfluss Nehmenden nachdenklich stimmen, wenn allein im deutschen Windhund-Zucht-und-Rennverband jährlich fast 1500 Welpen geboren werden (es kommen noch Hunde anderer Rassen hinzu), die alle bei Leuten ein gutes Zuhause finden sollen, die genügend Zeit, Kenntnis und Muße haben, einen solchen „Leichtathleten“ richtig zu halten. Es ist heutzutage kaum noch möglich, diesem „Leistungssportler“ unter den Hunden im freien Gelände gefahrlos ausreichend Bewegung zu verschaffen. Es ist wirklich ein Glück für uns Windhundleute, dass uns im Verband zahlreiche Vereine genügend Möglichkeiten anbieten, an Trainings, Rennen und Coursings ausreichend teilzunehmen. Das alles macht dem Hund sowie dem Menschen großen Spaß und alle sind nach einem solchen aktiven Trainingssonntag wieder zufrieden. Leider gibt es heute immer mehr Menschen, die Hunde, wie eine unbequem gewordene Sache, ins Tierheim abschieben. Dann landen diese „Aristokraten“ genau so gut dort, wie andere Hunde auch. Solange die Zahl geborener Welpen höher ist als Welpennachfragen, bleibt die Sorge zurecht bestehen, wo die „Überproduktion“ bleibt? Deshalb wäre eine Reduzierung der Zuchtaktivitäten im Interesse aller ungeborenen Windhunde. Menschliche Eitelkeit und Egoismus sollten der Vernunft zum Wohle der Hunde weichen.

Dani im Tierheim von Dubai

Ebenso lehne ich es ab, wenn Windhunde in Käfigen und Zwingern gehalten werden. Die Anzahl der Windhunde im Rudel sollte überschaubar bleiben, weil der Mensch ansonsten dem Einzellebewesen kaum noch gerecht wird.

Irgendwann habe ich mich mal entschieden, nie Hunde züchten zu wollen, weil ich mir sehr gut vorstellen kann, wie schwierig es ist, sich von den niedlichen Welpen zu trennen, was natürlich sein muss. Inzwischen bin ich froh, dass ich konsequent bei meiner Entscheidung geblieben bin, weil es wirklich genügend Welpen gibt, die alle ein passendes Zuhause suchen. Auf Internetseiten und in Hundemagazinen werden sie inzwischen angeboten. Doch auch Hunde aus Hilfsorganisationen dürfen nicht vergessen werden, die ebenso ein neues Heim bei netten Menschen suchen. Das alles bestätigt letztendlich meinen Entschluss!

Weitere Informationen auch im Blog von PETWATCH - Aus Sorge um das Wohl und die Gesundheit unserer Hunde.

Juli 2009

Dr. Margrit Miekeley

Autorin des Buches „Ein Leben mit Windhunden und anderen Tieren. Geschichten und Erfahrungen“, das 2005 im Kynos Verlag erschienen ist. Das Buch ist bereits vergriffen, jedoch sind noch ein paar Exemplare bei der Autorin vorhanden. Unter kann ein Buch zum Preis von € 13,50 (zzgl. Kosten für Porto und Verpackung) bestellt werden.

Text und Fotos © Dr. Margrit Miekeley


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