Meine Windhunde ... und ich

Der Züchter Emil Reinisch
und die Zuchtstätte Bo-Ammar

Ausschnitt aus meiner Veröffentlichung in "Sloughi-World", eZine für alle Sloughi-Freunde, Ausgabe 3

Emil Reinisch hielt seine Sloughis in einem asphaltierten Hof einer westfälischen Kleinstadt. Auch wenn dieser Aufenthaltsort als Auslauf für Hetzhunde bestimmt nicht optimal war, so hat sich Emil um seine Hunde immer liebevoll gekümmert und sie geradezu verhätschelt. Emil war Tierzüchter aus Leidenschaft. Als ich ihn 1983 zum erstenmal besuchte, um mir die Welpen aus dem C-Wurf anzusehen, züchtete er "nur" noch ausgefallene Taubenrassen und Sloughis. Er war aber noch Mitglied im Brieftauben- und Geflügelzuchtverein sowie im Fußball- und Angelsportverein. Zahlreiche Pokale, aufgereiht in einem Regal, waren Trophäen aus der Kanarienvogel- und Sloughi-Zucht.

Ich mochte Emil; denn es gab nichts, was Emil nicht besorgen oder organisieren konnte! Er war für mich ein "Original" im positiven Sinne.

Gerne denke ich an das "Abenteuer" und an seine humorvollen Bemerkungen zurück, als ich mit Emil Unmengen von Grillwürstchen auf einer großen Zuchtschau in Gelsenkirchen bei strömendem Regen unter einem Sonnenschirm verkaufte.

Emil wusste sein Leben in vollen Zügen zu genießen, deshalb reiste er auch gerne und fuhr bspw. jedes Jahr zum Lachsfang nach Irland. Dann ließ er seine Hunde zurück, die er in der Zwischenzeit von seiner Ehefrau gut versorgt wusste.

Von einer Reise, als er zu einem Kuraufenthalt in Bad Nauheim weilte, brachte er sofort zwei Sloughi-Junghunde mit; denn er war von der Anmut und Schönheit dieser Hunderasse geradezu begeistert. Es war die Hündin "Alia bel Kassem" und der Rüde "Adnan bel Kassem" (aus der Tunesien-Importhündin Talit nach dem MCh Es Basshar Ben Burd van Klein Vossenburg). Ch. Alia ist als die Stammhündin der Bo-Ammar-Zucht anzusehen.

In der "Zuchtstätte Bo-Ammar" fielen von 1978 bis 1993 insgesamt sieben Würfe (von A bis G). Beim A-Wurf, aus dem übrigens Emils Lieblingshündin "Abeer Bo-Ammar" hervorging und mit der er später im Ausstellungsring besonders erfolgreich war (Int., Dt. u. Belg. Ch.), wurde Ch. Alia bel Kassem mit dem legendären Tunesien-Importrüden und MCh "Bedui" verpaart. Emil behielt aus dem A-Wurf zwei Hunde, jeweils einen Rüden und eine Hündin: Ameer und Abeer Bo-Ammar.

Das Rudel war bereits auf eine beträchtliche Anzahl angestiegen, als 1983 MCh. Abeer von dem Rüden "Midrah Schuru-esch-Schams" (aus Ch. Chauda S.e.S. nach Ch. Aschkurak S.e.S.) belegt wurde, so dass am 3.4.1983 der C-Wurf mit elf sandfarbenen Welpen auf die Welt kam. Zu diesem Zeitpunkt lernte ich Emil und seine Sloughis durch eine Welpen-Anzeige in dem Verbandsmagazin "Unsere Windhunde" kennen. Die Redensart "wer die Wahl hat, hat die Qual", traf nun bei der Menge an Sloughi-Welpen, die ständig alle durcheinander wuselten und gleich aussahen, auf mich zu!

Ich war jede Woche bei Familie Reinisch, schaute mir die Welpen an und zu Emils Schrecken hatte ich jedes Mal einen anderen Favoriten. Nach zehn Wochen meinte Emil genervt: "Nun musst Du Dich aber mal langsam entscheiden!" Nach langem Hin und Her entschied ich mich für einen Rüden mit sehr dunkler Maske, bei dem ein sogenannter "Aalstrich" über Hals und Rücken verlief. Pfoten und Zehennägel wiesen auch viel Pigment auf, so dass das Hündchen aussah, als ob es mit Pfoten und Schnauze in Ruß getaucht war. Auch befand sich auf seiner Brust ein deutliches "M" als Anfangsbuchstaben für meinen Namen. Das war er also – und eine große Liebe begann!

Emil gab einem guten Platz für seine Hunde immer den Vorrang und stellte eigene Zuchtinteressen zurück. Bei der Auswahl der Käufer bewies er meines Wissens immer einen guten Blick.

Emil war in meinem Wohnort als Metzgermeister beschäftigt. Ich habe Emil als hilfsbereiten und verlässlichen Menschen kennen gelernt, der mir noch nach seiner Pensionierung über viele Jahre lang Fleisch und Innereien brachte, was ich dann alles portionsgerecht einfror und später zu Hundefutter verarbeitete. Meine Nachbarn kannten bereits den ausgedienten Kombi von Emil, der so alle acht Wochen morgens früh vor unserer Haustür parkte. Der Blick ins Auto, besonders auf die Ladefläche, ließ jeden Neugierigen sofort erschauern; denn dort stapelten sich Berge von "nackten" Fleischstücken in allen Variationen, die zur Wurstherstellung dienten und von Emil weiter transportiert wurden. Inzwischen habe ich mir das Wurstessen abgewöhnt. Sicherlich war der Anblick der riesigen Fleischberge hinten in Emils Auto ein Grund mit dafür! Bei diesen "Hundefutter-Transaktionen" nutzten wir oft die Gelegenheit, vor meinem Schuldienst eine Tasse Kaffee in der Küche zusammen zu trinken und über "Tierzucht aller Art" zu plaudern: Bei einem Plausch mit einem Tässchen Kaffee erfuhr ich dann etwas über Emils Pläne in der Sloughi-Zucht. Auch hatte Emil auf seinen Reisen viel erlebt und wusste immer Interessantes zu berichten. Er war überhaupt kein oberflächlicher Mensch und machte sich über alles Gedanken.

Von ihm weiß ich, dass er sich die Verpaarungen seiner Hunde nach dem Zuchtziel von "Schönheit und Leistung" genau überlegte, wobei Emil als ausgesprochener Ästhet einen sicheren "Griff" für außergewöhnlich schöne Rüden hatte. Emil lehnte aber Inzest-Verpaarungen bei Tieren grundsätzlich ab. Seine Hunde waren das Ergebnis von unterschiedlichen Blutlinien. Emil hat zweifellos einen eigenen Sloughi-Typ kreiert:

Elegante Sloughis mit anhänglichem Wesen und wunderschönen, ausdruckvollen Köpfen.


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